UFK Benedikt Braun
  | video | foto | installation | object | performance |

  cash cow |

MONEY MONEY MONEY MAKES ME FUNNY

von Eva Schauerte


CASH COW 2009

Der Traum von herumfliegendem Geld, einem immerwährenden Strudel voller Gold, ewigem Reichtum und sprießender Lebensfreude ohne finanzielle oder materielle Sorgen, ist nicht nur Stoff zahlreicher filmischer, literarischer oder dramaturgischer Werke, sondern findet seine abgespeckte und realitätsnahe Version in den zeitgenössischen und tagesaktuellen Diskussionen um Finanzspritzen und Abwrackprämien wieder, die die Welt quasi pseudo-reproletarisieren und auf alte handwerkliche Art wieder zusammenzuschweißen suchen.

Künstlerische Reaktionen auf diese Form des Konjunkturectasys und Wirtschaftsdopings sind neuerdings – und vielleicht schon seit jeher – allgegenwärtig, von den überdimensionalen Glanz- und Glitterobjekten eines Jeff Koons bis zur fake-nationalsozialistischen Schockperformance des Expat-Artisten Jonathan Meese in den Kreisen der Galerieschickeria in Weltmetropolen von London bis Shanghai. Die Idee, sich kreativ mit der eigenen (Nicht-) Armut zu befassen, ob in gedanklicher, monetärer oder materialistischer Art, ist ein alter Schuh, der dennoch im Rahmen von Finanzkrise und globaler Restrukturierungen neu besohlt und auffällig halbherzig poliert wieder die Parkette der internationalen Kunst- und V.I.P.-Szene bevölkert – denn auch heute gilt noch: wo der Schuh drückt, ist man nicht allein, ce n’est plus le fric, c’est le shock qui est chic!

Inmitten dieses Spannungsfeldes von allgemeinen Reichtumsphantasien und vorgelebter Berufsarmut erhebt sich nun ein Kunstwerk etwas anderer Art zu voller Größe, das sich das globale Streben des neuen Luxusspießertums zu Motto und Kampfansage zugleich gemacht haben scheint: Die Cash Cow des deutschen Newcomer-Künstlers Benedikt Braun infiltriert den kapitalistischen Gutmenschen-Sozialismus seiner Kollegen, indem sie dessen Puffherzen und Luftblasen-Performances charmant die Hörner aufsetzt und die Weimarer Gesellschaft mit frischem und ehrlichem, handfestem Münzgeld beglückt. Die Bargeldkuh, ein ca. 80 x 40 x 20 cm großer gold-braun lackierter Eisenquader, trägt echte Kuhhörner zu ihren Seiten und kaut aus ihrem ebenfalls rechteckigen Maul jede Minute eine Eurocentmünze wieder. Platziert – und fixiert – in der Weimarer Innenstadt soll sie damit jederfrau oder -man etwas von dem Künstler mitgeben, der sich fortwährend mit existentialistischen Fragen zu Reichtum, Luxus und Leben auseinandersetzt und dabei den Status von Kunst und Künstlern im Wahrnehmungsspektrum von Arbeit und Geld neu definiert. Von bb (Benedikt Braun) zu cc (Cash Cow) wird das alliterarische Akronym des Künstlers zu einem einfachen und einprägsamen Programm moderner Sozialkonjunktur!

Karl Marxs Prämisse eines Geldumlaufes, der überhaupt nur in Abhängigkeit eines „Zirkulationsprozesses der Waren, d. h. ihr(em) Kreislauf durch entgegengesetzte Metamorphosen erscheint“ und der die „Geschwindigkeit ihres Formwechsels, das kontinuierliche Ineinandergreifen der Metamorphosenreihen, die Hast des Stoffwechsels, das rasche Verschwinden der Waren aus der Zirkulationssphäre und ihr ebenso rascher Ersatz durch neue Waren“ zu Tage fördert, wird hier konsequent boykottiert. Von Ware oder irgendeinem anderen Wertobjekt keine Spur, werden sowohl der dingliche als auch idealistische Tauschwert des Geldes negiert und das Geld somit selbst zu Ware, oder besser noch: zur Gabe stilisiert. Während sich andere durch ihre fast stoische Unter-den-Tisch-Stellung permanent zu verkaufen suchen, unterläuft Deutschlands neuer Ausnahmekünstler Benedikt Braun alle herkömmlichen Traditionen des Kunstverkaufs. Die Cash Cow, als nur eines vieler Werke, in denen sich BB geradezu plakativ mit sich selbst und der eigenen Vermarktung auseinandersetzt (siehe die Ausstellung in Weimar „Tempel des Lichts“ 1. bis 17. April 2009), steht mehr noch als für die Großzügigkeit und integrative Sozialidee Brauns, für eine besondere Form von Ideenfülle und Gedankenreichtum, die die Gestaltungsmöglichkeiten von Geld und Ökonomie bei weitem übersteigen und als wahre Alternativen zur herkömmlichen Wertsteigerung ernsthaft reflektiert werden sollten.

Beeilen Sie sich und holen auch Sie sich gratis einen braunen Cent, in ein paar Jahren ist er ohnehin Gold wert!




   
|